• Wort zum Wochenende

  • , 1 Wort zum Wochenende
    Ich warte auf den Tag, da eine Aktivistin, die hunderttausende tweetende und mit digitalen Herzchen um sich werfende Follower ihr eigen Kapital nennt, daherkommt und sagt, man müsse den Satz des Pythagoras als Machwerk eines alten weißen Mannes neu durchdenken, ja ihn hinsichtlich seiner mutmaßlich sexistischen und rassistischen Grundmotive sprachlich dekonstruieren. Genauso wie ich auf den Tag warte, da jemand daherkommt und die Sixtinische Kapelle mit schwarzer Farbe übermalt. Denn das Motiv hinter der Darstellung eines religiösen Schöpfungsaktes durch die Abbildung von ausschließlich weißen Menschen ist so offensichtlich rassistisch, dass es nicht einmal mehr einer sprachlichen Dekonstruktion bedarf. Lieber Gott, bitte mach, dass ich diesen Tag noch erleben darf.
  • , 2
    Ich würde nicht gerade die sixtinische Kapelle mit schwarz übermalen. Aber es ist schon korrekt, dass die meisten religiösen Abbildungen nur weiße Menschen darstellen. Und Jesus gern mit blonden Haaren und blauen Augen. Das ist schon rassistisch. Da es allerdings Geschichte ist, sollte man deshalb jetzt kein Fass aufmachen. Es reicht ja, wenn man es in Zukunft besser macht.
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    @Gast, 2 Bitte nicht persönlich nehmen, Bee. Aber mir scheint, dass du in derlei Dingen ein wenig naiv bist. Nur Geschichte? Die Geschichtsschreibung mit der du, ich uns alle anderen auch aufgewachsen sind, ist die Geschichtsschreibung von alten weißen Männern. Es reicht beileibe nicht die Gender Sprache einzuführen. Auch alle Bilder, die unser Bewusstsein geprägt haben und nach wie vor prägen, und letztlich das Resultat eines systemimanenten Rassismus sind, müssen aus dem Gedankengut der Menschen ausgemerzt werden. Ich gebe zu bedenken, dass auch Picasso unterm Strich ein alter weißer Mann war und es nur die (Kunst-)Geschichtserzählung von alten weißen Männern ist, welche dich glauben lässt, dass Picasso ein Genie war und kein Rassist. Nur Geschichte? Was ist Geschichte wenn nicht ein Narrativ von alten weißen Männern? Wenn schon der Gedanke einmal für sich reflektiert hat, dass seine Voraussetzungen rassistisch und sexistisch sind, dann ist eben genau dieser Gedanke sexistisch und rassistisch, ansonsten hätten wir es nur mit einem nicht zielführenden Selbstbezug zu tun, was unterm Strich letztendlich das Niveau eines Kinderspieles hätte. Also: Ja, die Sixtinische Kapelle muss zwingen schwarz übermalt werden.
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    @Gast, 2 Ansonsten gebe ich dir noch zu bedenken, dass man eines dem Internet nun wahrlich nicht vorwerfen kann: Nämlich, dass es den Mythos der Bedeutungslosigkeit der meisten Menschen nicht als bedeutungslosen Mythos entlarvt hätte. Denn dieser Mythos war letztlich auch nur ein Mythos, der in der Tradition einer gewissen abendländischen Philosophie stand. Heute aber erkennen wir, und an dieser Stelle kann man dem Internet nicht zu genüge danken, dass jeder Mensch bedeutungsvoll ist.
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    Schöner Vortrag 😊. Ich habe nur gesagt, dass es wenig Sinn macht, die komplette Geschichte zu rekonstruieren. Keine Ahnung ob Picasso ein Rassist war, aber das er nicht besonders nett war, wissen wir. Und jetzt? Da wo es nötig ist, soll man auch aufarbeiten, schon klar. Aber wir wissen von so vielen nicht, wie sie politisch getickt haben. Ob ich naiv bin, weisst du doch gar nicht. Hab ich Rassismus bestritten? Aber du hast die Gelegenheit für eine etwas wirre lange Predigt ergriffen, auch gut. 😋
  • efwe
    @Gast, 1
    Ich warte auf den Tag, da eine Aktivistin, die hunderttausende tweetende und mit digitalen Herzchen um sich werfende Follower ihr eigen Kapital nennt, daherkommt und sagt, man müsse den Satz des Pythagoras als Machwerk eines alten weißen Mannes neu durchdenken, ja ihn hinsichtlich seiner mutmaßlich sexistischen und rassistischen Grundmotive sprachlich dekonstruieren....


    abgesehen dass diese influenzer die reine pest sind. leg doch mal dar, welche rassistischen und sexistischen Grundmotive das gewesen sein könnten. mutmassen kannst du natuerlich weiterhin :)
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  • Frank Enrechen
    Ist es nicht schon rassistisch nur einfarbig in seiner Haut zu sein?
    Auch der Begriff und seine Verwendung stigmatisieren und verurteilen schon.
    Man müsste stumm sein. Und das so laut, dass es alle hören können!
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  • seline_sophie
    @
    Ist es nicht schon rassistisch nur einfarbig in seiner Haut zu sein?

    Nein

    Es ist grundsätzlich so, dass Menschen, die sich in privilegierter Position befinden, keine dahin gehenden Benachteiligungen erfahren, sonst wären sie nicht Teil davon. Da nützt auch keine mögliche Aussage eines -beispielsweise- weißen Westeuropäers á la "Ich war schon mal alleine mehrere Monate beruflich in Thailand. Da habe ich gemerkt, wie es ist, in der Minderheit zu sein." Nein, dem ist nicht so, denn die aussagende Person ist sich jederzeit bewusst, dass sie sich aus dieser Lage einfach durch -z.B.- Rückreise entziehen kann.
    Diskriminierte (sei es rassistisch, religiös, geschlechtlich oder sonstwie) Minderheiten können sich dieser Situation innerhalb einer Gruppe Privillegierter nicht entziehen.

    Signatur
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    @ Ich kann dir nicht weiterhelfen, liebe Efwe, da ich ein Sexist und Rassist bin. Darüber hinaus ein AFD Wähler. Wahrscheinlich bin ich sogar ein Pädophiler, aber egal. Auf jeden Fall bin ich ein Misanthrop, der moderne Gesellschaften für die Pest hält. Da gibt es aber einen wundervollen Satz, der beschreibt sehr gut, was auch ich empfinde. Ich zitiere aus dem Roman Serotonin von Michel Houellebecq: „Gegen Mitte Oktober begann ich den gleichwohl untadeligen kulinarischen Sendungen überdrüssig zu werden, und damit setzte mein wirklicher Niedergang ein. Ich versuchte mich für Gesellschaftsdebatten zu interessieren, aber diese Phase war enttäuschend und von kurzer Dauer: Der extreme Konformismus der Redner, die niederschmetternde Gleichförmigkeit ihrer Empörung und Begeisterung war so groß geworden, dass ich ihre Redebeiträge inzwischen nicht nur in groben Zügen, sondern selbst bis in die Einzelheiten hinein, tatsächlich fast wortgetreu voraussagen konnte; die Leitartikler und die wichtigen Zeitzeugen marschierten auf wie nutzlose europäische Marionetten, Idioten folgten auf Idioten, beglückwünschten sich zur Richtigkeit und Moralität ihrer Ansichten, ich hätte ihnen ihre Dialoge schreiben können, und schließlich schaltete ich den Fernseher ganz aus, all das hätte mich nur noch trauriger gemacht, hätte ich die Kraft gehabt, weiterzuschauen.“
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    @ Die übliche Argumentation. Die übliche Gegenargumentation: Wenn nur jemand mitdiskutieren kann, der bestimmte Gruppenmerkmale aufweist, wird es gefährlich. Da ich dich allerdings mag, Seline, fällt es mir schwer gegen dich zu polemisieren. Nun gut, ein bisschen Polemik sei mal erlaubt: "Sollte ich unwillentlich irgendeine Identität beleidigt haben, so ist das nicht meine Schuld, sondern läuft auf ein altbekanntes Problem aus der Gruppentheorie hinaus, insbesondere die Darstellungstheorie von Gruppen ist hiervon betroffen. Dieses mathematische Problem dürfte allerdings in naher Zukunft von sprachlinguistischen Aktivistinnen aus der queeren Identitätsszene mit den Instrumentarien des Gender Sprechs und der Selbstbespiegelung gelöst werden.."
  • efwe
    @Gast, 1
    .... Ich zitiere aus dem Roman Serotonin von Michel Houellebecq: ...

    houellebecq, die dämliche skandalsüchtige tintensau? danke nein.
    Signatur
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    @ so sieht es aus. Wenn man nicht in der Haut steckt, wird man nie wissen, wie sich Rassismus wirklich anfühlt. Deshalb finde ich es gut, wenn sich jetzt ein paar Dinge ändern, auch wenn es erstmal manchmal übertrieben scheint für manche. Aber das muss sich alles einpendeln und vor allem in die Köpfe gelangen. Der Alte Weiße Mann ist halt ein Synonym für die ganzen Besserwisser und Ignoranten. Da gibt es ja genug davon.
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    @ Houllebecq ist nicht Kafka, schon klar. Obwohl dieser Vergleich sicher unfair ist, denn wer oder was kann sich schon mit Franz Kafka messen? Nur schade, dass auch Kafka unterm Strich nur ein weißer Mann war. Aber egal. By the way: Hast du etwas von Houllebecq gelesen? Falls nicht, empfehle ich als Einstieg Die Ausweitung der Kampfzone. Aber wie dem auch sei. Im Kontext einer weltweiten Vernetzung könnte jedenfalls eine Beobachtung interessant sein, die ich aus Wolfgang Kubickis neuem Buch entnommen habe. Dort zitiert er Jan Fleischhauer, der in seiner Kolumne über Künstler, denen man in der Theater- und Filmwelt begegnet, folgendes schreibt: „Sie sehen vielleicht unterschiedlich aus, sie mögen aus exotischen Gegenden kommen oder fremd klingende Namen tragen. Aber was die Überzeugung und Wertvorstellung angeht, könnten sie nicht homogener sein.“ In diesem Zusammenhang zitiert Kubicki auch Patsy l’Amour laLove, die für die Queer-Szene schon festgestellt haben soll, „dass bei vielen Kulturschaffenden die Vielfalt im Oberflächlichen auf eine erschreckende Einfalt in Weltanschauungsanfragen stößt.“ Das ist doch äußerst interessant, oder nicht? Auf der einen Seite ist von einer großen Vielfalt die Rede, auf der anderen Seite von einer erschreckenden Einfalt und Homogenität. Nachplappern, liebe Efwe, Heuchelei, liebe Efwe, moralische Entrüstungen, liebe Efwe, Selbstbespiegelung, liebe Efwe: Alles Eigenschaften, die in der vernetzten Welt Hochkonjunktur haben. Eine eigenständige Meinung, liebe Efwe, findest du in unseren Zeiten seltener als Fotos auf Facebook von irgendwelchen Influenzerinnen, die nackt in ihrem Garten einen Yoga-Kopfstand machen, während ihr Kleinkind am Boden hockend an einer der herunterhängenden Brüste nuckelt.
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    Auch ein Ereignis wie in Würzburg zeigt, dass Diversity dem Grunde nach eine komplexe Angelegenheit ist. Die Frage, was der Unterschied zwischen kultureller Vielfalt und Diversity ist, wird kaum diskutiert. Zur kulturellen Vielfalt gehört jedenfalls unabdingbar auch der Begriff der Abgeschlossenheit.
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    @Gast, 1 Definiere Abgeschlossenheit.
  • , 1 Kleine Rezension
    Buchtipp für diejenigen, die hinter all all den neuen englischen Begrifflichkeiten noch etwas anderes sehen, als die Früchte einer aufklärerische Debattenkultur. „Links blinken, rechts abbiegen“, von der promovierten Amerikanistin und Theodor Wolf Preisträgerin E.C. Schweitzer geschrieben, die in New York und Berlin lebt. Das Buch beschäftigt sich in weiten Zügen mit den verschränkten Beziehungen zwischen Deutschland und den USA. Es wirft insbesondere einen eingehenderen Blick auf die weltanschaulichen und identitätspolitischen Abhängigkeiten beider Länder. Was aktuell in Deutschland als Progressiv gilt, enttarnt die Autorin beispielsweise als eine weitere Adaption von meist weltanschaulichen Theorie-Konstrukten, wie es auf der materialisierten Ebene der amerikanischen Soft Power (beispielsweise in Gestalt von Fast Food Ketten, Einkaufszentren etc) schon lange augenfällig ist. Diesmal geht es jedoch nicht um das Wahlrecht zwischen Pepsi Cola und Coca Cola selbstbestimmt wählen zu dürfen, sondern um die Zwänge einer weniger als neu, und auch weniger als sachlich zu bezeichnenden Angelegenheit. Die Regeln des Spiels mögen sich leicht geändert haben, die Motive jedoch nicht. Der adaptionsfreudige deutsche Aktivistenspieler übersieht in seiner Spielfreude, und auch in seinem Streben gegenüber der anderen Seite nicht als schlechter Verlierer dazustehen, dass es sich nicht um ein symmetrisches Spielfeld handelt, auf dem sich die Argumente durch das Zuspielen des Balles von einer Seite auf die andere problemlos übertragen ließen. Der Geist, der über das Spielfeld weht, ließe sich neben der Methodik, die nicht selten einer zirkulären Kinderlogik folgt, von einer außerhalb des Spielfeldes gelegenen Warte betrachtet, wie folgt beschreiben: Der progressive Spieler-Aktivist auf der deutschen Seite erscheint im Spiegel desjenigen Kaisers, dessen Kleider nackt gewesen sein sollen, als einer von einer Tunika lose umhüllter Gelehrter. Eine Tunika, die mit lauter Stars and Stribes bestickt ist. Lesenswert auch für diejenigen, die hinter der Leidenschaft zum Überwachungsspiel seitens der wachsamen Aktivistenspieler einmal mehr den nachhallenden Ruf des neurotischen Ichs durch die zementierten Schluchtenlandschaften der städtischen Wildnis hören.
  • , 1 Spott against the Kultur machine
    Ein Fetischist der harten Wissenschaften könnte sagen:

    „Eine Identität ist eine Identität ist eine Identität ist eine Identität ist nichts als eine Identität, und somit zunächst einmal nicht sonderlich interessant.“

    Wenn du, der Leser, das als eine Trivialität ansiehst, dann kann ich dir nur gratulieren. Bist du aber einer von denen, die im Theater der neuen Intendantin begeistert zujubeln, weil sie das für ihre Zwecke adaptierte Shakespeare Stück ganz unter der Maxime des in unseren Tagen als progressiv Geltendem inszeniert, was nicht selten heißen mag, dass sie die männlichen Parts von Frauen spielen lässt, dann liegt deinem Verständnis für das Triviale womöglich eine Willkür zugrunde, die letztlich das Triviale als eine Erfindung von Menschen erscheinen lässt, die mit Leidenschaft für die Schaffung eines neuen Kulturuniversums plädieren, dessen zugrunde liegender Topos und Logos in erster Linie durch eine tiefsinnige Leere auffällt. Eine tiefsinnige Leere, deren augenfälligstes Charakteristikum es ist, sofern die Leere ein Charakteristikum haben kann, dem Adaptierten und Versatzstückhaften durch die Überstülpung einer altbekannten Konstanten zur neuen Bühnenreife zu verhelfen. Eine altvertraute Konstante im Gewusel des Gefühlskosmos von soziologischen Schöndenkern und eben solchen Rednern (bekannt auch als Ideologen), die sich vortrefflich wie folgt beschreiben lässt: „Piep! Und nun haben wir uns alle auf einmal furchtbar lieb!“ Wenn du meine persönliche Meinung hören willst, lieber Leser, so lass mich an dieser Stelle einmal wehleidig klagen: Ach, wie müsste es doch zauberhaft sein, wenn Kurt Tucholsky noch leben würde. Dieser Großmeister des Spotts, des Sarkasmus, des schonungslos Bissigen. Er hätte seinen Heidenspaß an der neuen Generation von wachsamen Intendantinnen, deren Mut zur expressiven Nacktheit auf der Bühne, ihr stilistisch prägendes Motiv also, wohl eher im Umfeld von Bespaßungskanälen wie etwa You Porn zu suchen ist, als in der Lektüre von feministischer Frauenliteratur. Ja, diese wachsamen Intendantinnen, diese woken Gralshüter des ewig Wahren aus den gentrifizierten Städten, die hinterrücks die alten Stoffe mit Computertools verzerren, um vordergründig auf der Bühne das Rad neu zu erfinden, an ihnen hätte Kurt Tucholsky seine wahre Freude haben müssen. In welch geistiger Tradition der wachsame Kulturaktivist steht, so höre ich Tucholsky aus seinem Grabe spotten, erkennst du nicht zuletzt daran, dass er den kulturellen Direktiven aus Amerika folgt wie einstmals der gemeine Soldat den Befehlen des Führers folgte. Nämlich bedingungslos.
  • , 1 Schwarmintelligenz oder Herdentrieb?
    Das metabolische Fabelwesen digitale Vernetzung hat weniger zugunsten eines im bildlich wagen gelegenen Sprachkonvoluts seine anthropomorphen Flügel ausgebreitet, als vielmehr für seinen Gegenspieler, dem auf einer sprachkonzeptionellen Wirkungssphäre antipodisch zu lokalisierenden Gegenbegriffs. Gemeint ist der Vorzug des Herdentriebs gegenüber einer wie auch immer gearteten Schwarmintelligenz, welchem die digitale Vernetzung Tür und Tor zu einer Himmelsgroteske mit fatalistischen Direktiv-Befugnissen öffnete, ihm unter der Geste einer Dienerschaft zum Heraustreten aus seinem bis dato im Halbschatten psycho-soziologischer Studien gelegenen Daseins durch Verheißung eines ikaräischen Vertikalfluges zur Sonne ermunterte. Stereotype Agitatoren, sanguinische Apologeten eines antiseptischen Zeitalters schreiten seither durch die Himmelspforte. Ihr moralisches Anecken an den Keilschriften der arkadischen Pforte erweist sich im Zuge ihres Gewaltmarsches immer mehr zu einem Anecken der reinen, körperlichen Existenz. Es kristallisiert sich ein Ungetüm aus selbstreferentiell gemünzten Programmaffen heraus, deren Dasein es mit der Homogenität des den Affen umgebenden Raumes jederzeit aufnehmen kann. Der aus dem romantischen Traumbild Herausgefallene stellt nach ungewollter Landung auf dem Boden des Faktischen ernüchternd fest, dass das Nachahmen von Fratzen einer ideokratischen Kognitionschimäre so ein unerträgliches Maß unter allen Akteuren erreicht hat, wie es im historischen Kontext gesehen wohl keiner freiheitlichen Gesellschaftsform jemals gelingen konnte. Das Nachreden von Meinungen wurde a posteriori in den Stand des Apodiktischen gehoben. Innerhalb der Ausübung besagter Chimäre erfährt es seine königliche Weihe durch die Infektion des Willens zur Übersteigerung eines Wettstreites um die beste aller als salonfähig angesehenen Künste eines habituellen Gestikulierens im öffentlichen Raume, dessen hervorragendstes Beispiel wohl der vorwurfsvolle Blick von Helikoptereltern sein dürfte. Ein Blick, der immer dann fällt, wenn es gilt mit einer an die Durchschlagskraft einer geschärften Axt erinnernden Ansprache die Meinung des Gegenübers wie einen morschen Baum zu fällen. Und dies geschieht unter der hehren Zielsetzung, die Interessen ihres posthum aus dem Inkubator heraus in den Adelsstand gesetzten Kindes gegen ein jegliches als falsch, gar verwerflich abgestempeltes Gegeninteresse durchzuboxen. Unter moralgeschwängerter Berufung auf das Humanistische, und dem einkalkulierten Applaus aller Gleichgesinnten, vollzieht sich die Demontage, indem man aus einer Haltung der Überlegenheit heraus die ideokratischen Wurzeln des dem eigenen Wertesystem Entgegengesinnten als postfaktisches Unkraut der Geschichte entlarvt, bzw. zu entlarven meint. Viel zu bereitwillig vergisst man darüber, dass Kinder nicht nur die Zukunft, sondern auch die Despoten kommender Tage sind, mindestens aber als Mitzerstörer der Umwelt angesehen werden müssen, verwiesen sei beispielhaft auf die Neigung junger Generationen zur überbordenden Vielfliegerei.

    Ein Misanthrop der alten Schule, der aufgrund seiner Veranlagung immer schon ein Problem mit dem Konzept einer unantastbaren Würde hatte, könnte, sofern er den Blick auf das aggressiv-moralisch gefärbte Tüdeldidü der Apologeten einer neuen Wachsamkeit richtet, sich zu folgender Äußerung durchringen: „Angesichts der Milliarden von Milliarden von Milliarden von zig und aberwitzig vielen Milliarden kakofonierender Ich, Ich, Ich Brüllaffen, kann der Klimawandel gar nicht schnell genug kommen. Die Erde als Ganzes gesehen, ist dann doch schon ein ausgeklügeltes Regelsystem.“
  • , 1 Die Symphonien der neuen Welt:
    If Klick = x then do: Let me entertain you!.... I just wane feel real love……! Ups, I did it again!....... I am to sexy for my love!..... In deinem Leben bist du Kameramann und Regisseur zugleich! In deinem Leben bist du der Star!……….

    Vor den Kameras der Info Welt und ihren unerbittlichen Kreuzzügen durch das frei Wählbare sah ich in meinem Traume überall nur noch Werbeikonen in eigener Sache, denen man ihr Alter kaum mehr ansehen konnte, geschweige denn mochte. Die jugendliche Stimmung war längst verpufft. Was übrig blieb, war eine Welt, deren Phantasien durch die Realität des Virtuellen zur gedanklichen Grausamkeit wurden
  • , 1 Das Kellerloch
    "Aufzeichnungen aus dem Kellerloch", von Fjodor Dostojewski. Wenn man die russische Mentalität/Seele tiefer verstehen möchte, vielleicht immer noch eine sehr gute Referenz. Zumindest eine der besten Erzählungen, die ich kenne. Laut Friedrich Nietzsche ein Geniestreich. Die Kritik an Europa ist die sowohl gedanklich wie auch menschlich am weitesten führende, die ich kenne.
  • , 1 Zu den Aufrüstungsplänen des Christian Lindners
    Den auf einer Polyestermatte in sämtlichen Yogastellungen gestählten Westeuropäer sein inneres Kind einmal inneres Kind sein zu lassen, und jenseits von sich kämpferisch gebenden Solidaritätsbekundungen wieder das innere Tier in sich wachzurufen, muss wohl für eine Gesellschaft, deren Beißkraft sich noch bis vor Kurzem an Genderfragen austobte, eine wahre Herkulesaufgabe sein. Ich schlage daher vor, die Ideen von Ursula von der Leyen, die ihrerzeit mit Schützenhilfe von Seiten der Unternehmensberatung die Bundeswehr führte, wieder aufzugreifen, und die Bundeswehr in eine internationale Söldnertruppe zu transformieren. Denn für die Deutschen schießen (was auch immer die Deutschen sein mögen bzw. sein wollen), kann beispielsweise auch ein Taliban Krieger, der zuvor auf die heilige Schrift der Deutschen (dem Grundgesetzt) seinen Eid geleistet hat, der ihm möglicherweise kurz zuvor von einem Dolmetscher übersetzt worden ist, oder aber mit Hilfe einer Power Point Präsentation von einer Sozialarbeiterin in einem Schnellkurs bildlich vermittelt wurde. Weiter schlage ich vor, dass die Branche, die mit der Suche nach dem inneren Kind in dir gutes Geld verdient, ihr Angebotsspektrum mit der Suche nach dem inneren Tier in dir ausweitet. Quasi als psychologische Aufbaumaßnahme, damit das Schießen der internationalen Söldnertruppe in einer breiten gesellschaftlichen Front auf ideologische Akzeptanz trifft.
  • heinrich
    Lauterbach warnt vor "Freedom Day" in Deutschland | AFP
    Signatur
  • , 1
    @ Ich habe so den Verdacht, dass die sprachphilosophische Agenda, deren Vater bekanntermaßen Wittgenstein ist, in der Moderne ganze Arbeit geleistet hat. Möge also jeder für sich selbst in Enklave gehen und die verworrene Motivlage, die zur Artikulation seiner moralischen Entrüstung führt, nachspüren. Vor allem seine Aufrichtigkeit. In einer zur Dekadenz neigenden und sich atomisierenden Erregungs-, Empörungs-, Selbstdarstellungs- und Besserwisser-Gesellschaft sind so viele Motive denkbar. Für den mit Sarkasmus operierenden Humoristen würde folgendes Motiv selbstverständlich zu den Favoriten zählen: Der sprachphilosophisch sensibilisierte und auf seiner Yogamatte bis in die Arschritze hinein gestählte Westeuropäer stellt auf einmal verblüfft fest: „Huch! Es gibt ja noch etwas anderes außerhalb meines Gender und Diversity Universums!“ Liebäugeln tut der Satiriker sicherlich auch mit der Vorstellung, dass der sich moralisch Entrüstende mehr Zeit damit verbracht hat, sich die Haare für sein Facebook Foto schön zu föhnen, als mit Überlegungen für den Solidarisierungstext, den er unter sein schön geföhntes Portraitfoto, welches er via App noch mit einer ukrainischen Flagge verzieren lässt, postet. P.S. Ich bin nur jemand, der sich über die Gesellschaft lustig macht, in der er leben muss. Ich bin kein Befürworter Putins und des Angriffkrieges auf die Ukraine. Was da abgeht, verstehe ich nicht, da ich viel zu wenig darüber weiß. Ich könnte nur das nachplappern, was andere mir vorplappern.
  • heinrich
    Da kommt mir ein Gedicht in den Sinn....
    Von Caspars Demiters

    In der Hauptstadt findet ein Fest statt,
    Feuerwerk, Laternen...
    Mob liegt in einem Gelage, Spionen- Gesänge,
    bekiffte Kinder, Rentner schnüffeln,
    die Bolschewiki die rechten Sozialrevolutionäre küssen.

    Der Sonne wurde befohlen, nicht vom Firmament herabzusteigen...
    Und dem Monde wurde von der Synode befohlen,
    langsamer zu werden...

    In der App wird ein Goldener Accordion eröffnet,
    In der Zusammenarbeit mit dem Schamanen der Welt Klinik.
    Signatur
  • heinrich
    Abends war die Elite in die Oper eingeladen
    Meister der Rhetorik in einer Klinik vereint.
    Eierlikör wurde bei der Premiere der Oper gereicht
    darüber, wie man Nachwuchs
    aus einem Nano-Ei eines Pharaos schlüpfen lässt...

    Der Titel der Oper ist für Aufgeklärte verständlich und klar : "HIV" nur drei Zeichen, geschickt verschlüsselt.
    Die Ärzte-Beamte, das Thema ist beunruhigend,
    das Ewiges Lügen aber eine einfache Aufgabe ist...
    Signatur
  • per
    @Gast, 1
    "... sich die Haare für sein Facebook Foto schön zu föhnen,..."
    und manche fönen sich die glatze so glühend, dass gra.nullierte texte wie deine in die welt rieseln und du dich auf diese weise "schön" finden kannst.
    sartre würde auf dich bezogen gesagt haben:
    "dieser mensch ist zum gefönten schwurbeln verurteilt".
    ...
    Signatur
  • heinrich
    Das Parkett durften sie in Unterwäsche betreten,
    denen, nur mit Feigenblatt bedeckten,
    wurden Logenplätze zugeteilt...

    Freiheit in der Galerie...
    Wo alles mit Nackten überfüllt war...
    Weg von allen, damit sie andere nicht mit ihrem Verhalten stören.

    Das neuronale Netzwerk hat alle Geschlechter genau erkannt und gab jedem im Saal eine Geheimnummer...

    Emotionsdesigner und Experience Manager
    haben jeden so eingestellt,
    dass jeder denkt, er sei ein Genie...
    Signatur
  • , 1 Kellerloch (Teil II)
    Wenn man seine Zeit vor einem Monitor verbringt, bedingungslos auf ihn starrt, kann man es durchleben. Kann es besonders in einem Umfeld erleben, welches zwar vorgibt nicht mittelmäßig zu sein, aber es dennoch ist. Jenen schleichenden Tod, der sich mit der Zeit unweigerlich bemerkbar macht. Am Anfang spürt man es kaum, nur zaghaft stellt sich ein Bewusstsein dafür ein. Doch es ist nicht wegzudiskutieren, man muss auch nicht differenzieren, die Sinne stumpfen ab. Stückchen für Stückchen. Mit jedem Tag, jeder Woche, jedem Monat, jedem Jahr ein wenig mehr. Imaginationen verschwinden allmählich, die Denkfähigkeit scheint zu verkümmern, fortschreitend mit jedem Klick und sich daraufhin aufbauenden Bild. Man nimmt noch wahr, ganz am Rande, vielleicht sollte man es daher phlegmatisches Wahrnehmen nennen, wie man mehr und mehr zu einem ausführenden Algorithmus wird, vielleicht sogar schon geworden ist. If this then do this! Dahingehend werden die Menschen erzogen. Dafür macht sich die gesamte Elite stark, selbst noch die Pädagogen. Dafür geht die Jugend auf die Straße. Skandiert in Chorälen: „Mehr Internet, mehr Digitalisierung, mehr Bildung, mehr Homeoffice, mehr Freiheit!“ In Wahrheit dienen ihre Choräle aber nur dem Einen: Dem If this then do this else this Menschen. If this then do this, selbst Wissenschaft wird heutzutage damit gleichgesetzt.

    Der Tatenmensch, so schreibt Dostojewski in seinen Aufzeichnungen aus dem Kellerloch, wird niemals mit dem Kopf voraus gegen eine massive Mauer anrennen. Der untätige, der feinfühlige Mensch jedoch wird genau eben dies tun. Obschon er genau weiß, dass sein Schädel danach zertrümmert sein wird und die Mauer nach wie vor steht. Der Kristallpalast Europa und sein Bewohner, die Wissenschaft und ihre alles vereinnahmende rationale Vernunft, ist die Mauer, gegen den der feinfühlige Mensch, der in einem Kellerloch am Rande der Großstadt haust, aufgrund seiner gottgegebenen Natur anrennen muss. Was Dostojewski über den oben beschriebenen If this then do this
    Menschen gedacht hätte, darüber lässt sich nur spekulieren. Den Erbauer dieser Welt, dem IT Menschen, der kein Problem darin sieht, wenn der Mensch die Fähigkeit zum handschriftlichen Schreiben verliert, hätte der Schriftsteller vielleicht mit einem Insekt verglichen, in das sich der Kellerlochinsasse aus seiner gleichnamigen Erzählung nicht verwandeln kann.

    P.S. Nur zur Klarstellung: Bin von Beruf Mathematiker, kein Esoteriker
  • heinrich
    Als das Licht zum Wind wurde
    Und aus dem Oper Saal flog
    Digitales Neglige funkelte auf allen
    Allen fühlten sich näher...
    Einige erhoben sich und andere erniedrigten sich selbst.

    Einsen und Nullen angenehm knurren
    Unter dem elektronischen Knirschen leise gesungen...
    Niemand und Nichts - zwei Hauptfiguren...

    Erstellung eines intelligenten Schwarmes
    Durch einen Programmierer...

    Niemand und Nichts in der Kopfschädelsleere...
    Starten den Film "Goldene Ähren".
    Haare sträuben sich, wie wachsende Heere...
    Nicht im Kunstnetz...In der realen Märe...
    Signatur
  • , 1 Kurze Notiz
    Gestern Abend zufällig mit halbem Ohr im Deutschlandfunk gehört, dass eine italienische Universität (ich glaube, es war Mailand) Dostojewski vom Lehrplankanon streichen will. Oder irgend sowas. Ich könnte jetzt sagen, dass mich solche Menschen an Nazis erinnern, was ich allerdings nicht tue, da sie mich an Nazis tatsächlich nicht erinnern. Sie erinnern mich allerdings zunehmend an unfassbar arrogante Rechthaber (fast schon an Arschlöcher), die sich mit der Robe der Wissenschaft schmücken (nicht unähnlich dem feudalen König, der sich mit einem Hermelinmantel schmückte), um ihre Ideologien durchzuboxen. Manchmal erinnern sie mich einfach auch nur an dumme Menschen. Menschen, die möglicherweise eine Dissertation mit summa cum laude verfassen, welche sich beispielsweise mit der Einflussnahme des Lektors auf das Werk eines Schriftstellers beschäftigt, aber in ihrem mentalen Wesenskern dann doch irgendwie dumme, bzw. fehlgeleitete Menschen sind. Die Selbstherrlichkeit dieser Menschen ist mir unerträglich geworden.
  • heinrich
    Plötzlich kam der, mit goldenen Akkordeon von irgendwo her....
    Schamane der Weltklinik ganz in Purpur.
    "Ich tausche den Preis gegen deine magische Fernbedienung,
    die in dieser Hölle einen himmlischen Kinderfilm startet."

    Optimierer der kognitiven Anstrengungen antwortete:
    "Alles ist sehr einfach, sei einfach wie Kinder,
    Lebe die Märchen deiner Kindheit
    Und lebe in der Liebe ohne Betrug...


    Verschwunden sind das Fest, das Feuerwerk und Lampions...
    Der Pöbel wurde weise, flohen Spionen,
    Kinder wurden, wie Kinder, Rentner lächelten...
    Mit 0:0 gewann die UdSSR...
    Signatur
  • , 1 Das Wir in dir
    Warum sollte es in einer vollkommen säkularisierten Welt, in der jede Gemeinschaft, sei sie auch noch so klein, dazu übergegangen ist, sich selbst anzubeten, mit dem Verweis auf etwas, das so hochtrabend klingt wie etwa Kunst- bzw. Redefreiheit, nicht legitim sein, sich über alles und jeden lustig zu machen? Etwa, weil ein paar alte weiße Männer in einer Art literarischen Selbstermächtigungsakt vor einigen Jahrzehnten geschrieben haben, bzw. von einer Sekretärin haben tippen lassen, die Würde sei unantastbar?
    Wenn der argumentative Trick eines Ausweichens in eine höhere Dimension für den auf sein bloßes Selbst sich eigenmächtig geworfenen Menschen verpönt geworden ist, es also keinen Gott mehr geben soll, dann lässt sich dem Absurdesten, dem Tod, nur durch einen Vergleich mit dem Zurückliegenden, dem Zustand des vor dem eigenen Dasein Gewesene also, noch irgendwie habhaft werden. Und selbst diese Annäherung durch das Einfangen wollen mittels einer Begrifflichkeit wie etwa dem des Zustandes trägt hochgradig schon das Absurde in sich. Diejenigen, die kokett damit spielen, dass Moral und Ethik, sofern sie unterm Strich nicht nur das eigene Interesse im Blickfeld haben bzw. Ausdruck irgendwelcher Zufallsartefakte aus der Evolutionsgeschichte sein sollen, ohne die Vorstellung eines Gottes möglich sind, mögen sich erklären. Ihre Erklärungen dürften aber darauf hinauslaufen, dass sie dieses Dilemma mit dem Dilemma vergleichen, dass sich der Mensch auch keinen Raum von höherer Dimension als drei vorstellen kann, oder aber keine Krümmung ohne Außenraum. Noch nicht, so würden sie vielleicht hinzufügen. Vom Anthropozän sprechen sie mitunter, um neben Anderem unterschwellig aufzuzeigen, dass der Mensch nicht mehr länger in Gottesferne lebt, sondern nun selbst Gott geworden ist. In dieser kulturgeschichtlichen Epoche spult sich unsere kleine Daseinswirklichkeit ab. Die Wirklichkeit des Daseins von Menschen, die jedem als progressiv ausgerufenem Trend hinterherrennen wie einstmals Achilles in einem mythenumwobenen Rennen einer Schildkröte hinterher gelaufen sein soll. Das Weltliche dürfte aber dazu führen, dass sie in diesem Rennen nicht nur die Schildkröte bald schon überholt haben werden, sondern auch sie ihrerseits von der Zeit eingeholt werden. Wenn sie sich dann die Erde von unten anschauen, wird der Wettbewerb um ihr emanzipatorisches Dasein wohl von Würmern entschieden.
    Bis dahin aber bleibt noch Zeit. Vor allem bleibt es der Freude des Spottgeistes überlassen, die Hypermoral des Zivilisationsmenschen gehörig aufs Korn zu nehmen, und dessen Glaubhaftigkeit mit der Glaubhaftigkeit eines Modells aus den 80er Jahren in einen Zusammenhang zu stellen, die mit blond gefärbten Haaren im Bikini auf irgendeiner Schönheitswettbewerbsbühne in Wanne-Eickel stand, dem Publikum ihre Solarium Bräune präsentierte und auf die Frage, was sie sich denn wünsche, lispelnd antwortete: „Gesundheit für alle Menschen und Weltfrieden.“ Aber letztlich ist auch der Spottgeist ein anständiger Geist. Denn genau wie der sprachphilosophisch aufgeklärte Zivilisationsmensch mit seiner Hypermoral, dessen Erscheinen auf der Weltbühne für den Griesgram nur ein weiteres Indiz dafür ist, dass die europäische Kulturgeschichte auserzählt ist, so hofft auch der Spottgeist auf Versöhnung im hohen Alter mit dem Weltgeschehen. Auch er träumt davon eines schönen Tages vor einem Lagerfeuer zu sitzen, und seinen Enkelkindern mit Stolz erzählen zu können, dass der Großvater seinerzeit tatkräftig für die gute Sache in den Kampf gezogen ist. Ja, auch der Spottgeist will seinen Mut unter Beweis gestellt haben, indem er mit seinem moralischen Finger auf andere gezeigt haben wird, und diesen anderen zugerufen haben wird: „Ziehet ihr in den Kampf für unsere Werte. Tötet für unsere Werte, sterbt für unsere Werte, während ich bei schönem Wetter mit meinem Laptop in einem Straßencafe sitze, von dort aus via meiner Posts auf den sozialen Netzwerken die moralische Gesinnung an der Heimatfront stärke, und nach dem Genuss eines Laktose freien Latte Macchiatos dann wie immer zu meinem Yogakurs gehe, und mir im Anschluss im Kino die neue Gandhi Verfilmung bei Popcorn und Pepsi Cola ansehe, in der Gandhi von einer Frau gespielt wird. Kurz: Ich unsere Werte lebe.“
    P.S. Der Verfasser dieses Textes gibt zu bedenken, dass er ein glühender Verehrer von Richard David Precht ist. Vor allem seine schön geföhnten Haare haben es ihm angetan, da sie die Gedankenwelt des Fernsehphilosophen sichtbar werden lassen. Desweiteren ist der Verfasser dieser Zeilen ein Unterstützer des "Zentrums für politische Schönheit", weil der Name so herrlich schön klingt. Die unfreiwillige Komik, die in diesem Namen liegt, kann den Verfasser immer wieder amüsieren.
  • heinrich
  • heinrich
  • , 1 Zum Einerlei des Begriffes Vielfalt (neudeutsch Diversity)
    Begriffen wie etwa denen der Gesellschaft und der Kultur haftet ein spezielles Problem an: Niemand kann genau sagen, worum es sich dabei handelt, bzw. deren spezifischen Voraussetzungen angeben, obgleich diese Begriffe im phänomenologischen Sinne natürlich einen Sinn ergeben. Nehmen wir z.B. den Begriff der kulturellen Vielfalt, der oftmals von gesellschaftspolitischen Akteuren als moderner, will heißen zeitgemäßer Begriff verstanden wird. Was will man darunter verstehen? Dass in einem Land wie Deutschland mittlerweile Menschen aus allen Ländern der Welt leben, ist sicherlich zutreffen. Aber lässt sich daraus schließen, dass durch diese Art von Diversität die kulturelle Vielfalt steigt? Global gesehen sicherlich nicht, denn 5 plus 5 ist nach wie vor 10.
    Aber schauen wir uns im Rahmen eines Gedankenexperimentes mal den idealisierten Grenzwert an, um von der Grenzwertbetrachtung möglicherweise etwas lernen zu können. Wir wollen also einmal annehmen, dass das Weltbürgertum in einer gegebenenfalls fernen Zukunft von einer demokratisch legitimierten Weltregierung verwirklicht worden sei. Man hätte sich darauf verständigt, dass in einer fest vorgegebenen Periode (sagen wir zur Veranschaulichung einfach mal alle 10 Jahre) der Wohnort eines jeden Menschen mittels eines statistischen Simulators zum Ende einer jeden Periode für die nächsten 10 Jahre neu bestimmt wird. Einem Menschen (inklusive des Lebenspartners und seiner dann noch minderjährigen Kinder), der in der zurückliegenden Periode beispielsweise in China gelebt haben könnte, würde per Zufallsprinzip (statistische Simulation) nun ein neuer Aufenthaltsort für die nächsten 10 Jahre zugewiesen. Beispielsweise Venezuela. Auf dieses Verfahren hätte man sich letztendlich geeinigt, um dem humanistischen Ideal, dass Herkunft keinerlei Rolle mehr spielen solle, genügend Rechnung zu tragen. Jegliche Privilegien, die sich aus der Herkunft ableiten lassen, wären mit diesem Verfahren außer Kraft gesetzt. Kein Afrikaner könnte sich beispielsweise mehr darauf berufen, dass die Welt unter postkolonialen Gesichtspunkten noch unzureichend dekonstruiert sei. Niemand könnte beispielsweise mehr sagen, es sei doch schrecklich ungerecht, dass die Person Herr G. auf einer paradiesischen Südseeinsel lebt, wohingegen die Lotterie des Lebens für das eigene Dasein eine trostlose Industrielandschaft vorgesehen hat. Man kann das Gedankenexperiment selbstverständlich durch weitere Beispiele und Ergänzungen realitätsnäher bzw. praktikabler ausgestalten. Beispielsweise dadurch, dass die periodisch stattfindende große Mobilität der gesamten Menschheit sowohl unter Energie- und Umweltaspekten in der Zukunft kein gravierendes Problem mehr darstellt. Oder aber, dass man auf die Kompatibilität von weltweiten Arbeitsprozessen verweist, welche ja heute schon sehr weit verwirklicht worden ist. Der Kürze dieses Textes geschuldet, überlassen wir die gedanklichen Ausschmückungen zur Praktikabilität eines solchen Vorhabens der Phantasie des Lesers. Die Frage, die sich nun stellt: Wie sieht es in der Grenzwertbetrachtung, also in der oben skizierten Weltbürgergesellschaft mit der kulturellen Vielfalt aus? Die Antwort scheint erschreckend einfach. Beinahe so einfach wie das Gedankenexperiment selbst. Denn es gäbe keine kulturelle Vielfalt. Ja der Begriff verlöre gänzlich an Bedeutung, könnte womöglich nicht einmal mehr gedacht werden, da die Welt unter dem Aspekt des Zusammenlebens überall gleich aussähe. Wohin man auch reiste, in welch abgelegenen Winkel des Globus, böte sich einem dasselbe Bild. Und sobald einige Perioden der Mobilität durchlaufen wären, gäbe es auch nur noch eine Kultur. Quasi eine Weltkultur. Passend zum Begriff der Weltregierung. Kurz: Die Welt wäre homogen, nicht etwa divers. Was bestehen bliebe, wäre eine große Unaufgeregtheit namens Homogenität. Es scheint mir, als handelt es sich weniger um eine Kuriosität als vielmehr um eine Koinzidenz von geistigen Entwicklungsströmungen, dass in den meisten Fällen die Verfechter dieser Art des “eingefrorenen Weltzustandes“ eine totale Vernetzungsoffensive der Menschheit propagieren.
    Welches Fazit könnte man aus der Grenzwertbetrachtung aber nun ziehen? Vielleicht dieses: Wenn man aus dem Werkzeugkasten des Denkens sich des Kontinuitätsbegriffes und der Vorstellungen von zeitlicher wie räumlicher Abgeschlossenheit nicht bedient, scheint kulturelle Vielfalt nicht möglich. Eine fast triviale Einsicht, die für die Vielfalt von Fauna und Flora genauso zutreffend ist.
  • , 1 Documenta
    Lesenswerter Artikel im aktuellen Spiegel zur Documenta. U.a.
    schreibt dort ein Journalistenkollektiv über die Aktivistengruppe
    Taring Padi: „Das Interessante an der Ästhetik von Taring Padi ist
    auch, wie wenig fremd sie ist. Wandbilder, die die Befreiung
    geknechteter Völker feiern, gibt es überall, und sie sehen immer
    ungefähr so aus wie die Taring-Padi-Werke. Viele einfache Leute,
    die die Faust recken und die so bunt sind, wie man sich die Guten
    vorstellt, ihnen gegenüber die Mächte der Finsternis. Seltsam, denn
    dass die Künstler des >>globalen Südens<< eine ganz andere
    Ästhetik mitbringen, von der >>wir im Norden<< etwas lernen
    können, ist ja die Prämisse der ganzen Documenta.“ Weiter
    schreibt das Journalistenkollektiv: „Möglicherweise handelt diese
    Documenta in Wirklichkeit von den Lebenslügen eines
    Kunstkuratoren-Milieus.“ Zum Schluss ziehen sie das Fazit: „Es ist
    nicht nur so, dass die Gelder absehbar geringer werden. Die Welt
    driftet auseinander, Deglobalisierung ist die Parole der Stunde.
    Dass die Flugmeilenkonten der wichtigen Kulturmanager dem eines
    kleinen afrikanischen Staates entsprechen, dürfte bald nur noch
    schwer vermittelbar sein. Vielleicht ist der Zauber vorbei.
    Vielleicht ist nach >>Globalisierung<<, >>Hybridität<< und
    >>Postkolonialismus<<, den Schlüsselbegriffen der großen
    Kulturevents der vergangenen Jahre, nun >>Provinzialisierung<< das
    neue Ding. Das, so viel ist klar, führt zu neuen Debatten.“

    Der anklingende Humor durch den spitzfindigen Widerspruch in den
    letzten beiden Sätzen (Provinzialisierung <-> neue Debatten) ist
    herrlich. Ob das so gewollt war? Keine Ahnung. Schade eigentlich,
    dass das Journalistenkollektiv an dieser Stelle halt macht.
    Zumindest hätte man sich gewünscht, dass das Thema
    „Lebenslügen“ noch ein wenig mehr ausgereizt wird. Z.B. sollte die
    Frage erlaubt sein, ob sich die heftigen Reaktionen alleine schon
    durch die Antisemitismus Thematik erklären. Lebenslügen eines
    Milieus werden als Hypothese zwar in den Raum gestellt. Was ist
    aber mit den mittelbaren Reaktionen auf die Folgen solcher Lügen?
    Findet hier vielleicht in Stücken eine Stellvertreterdebatte statt?

    Scheingefechte waren immer schon die bevorzugte Wahl für das
    Austragen von gesellschaftlich tabuisierten Spannungskonflikten,
    die unter der Oberfläche rumoren. In einer Zeit, in der ideologisch-moralisierende
    Verbände die Interpretationshoheit alleine für sich
    beanspruchen und mit einem Schlag ganze Karrieren zerstören
    können, bricht sich die angestaute Aggression oftmals auf
    verzweigten Bahnen einen Weg an die Oberfläche. Man macht es
    sich z.B. viel zu einfach, wenn man die Schlagwörter gewisser
    Milieus, wie beispielsweise die Parole „Lügenpresse“ von Pegida,
    wortwörtlich auslegt. Kein Psychologe würde bei einem Patienten
    so simplifizierend vorgehen. Dass die moralisch aufgeheizte
    Debattenkultur bis weil sehr heuchlerische Züge annimmt, lässt sich
    nicht zuletzt an dem Anwachsen von Zielkonflikte ablesen. Gespeist
    wird sie aus Lebenslügen, den daraus resultierenden
    Widersprüchen, und dem sich angestauten Frust, der darüber
    entstanden ist. Dafür kann das aus Indonesien stammende, und
    möglicherweise nicht nur von der globalisierten Bildsprache sondern
    auch vom Islam beeinflusste Künstlerkollektiv Taring Padi allerdings
    nichts. Man sollte auch nicht aus dem Auge verlieren: Wenn die
    Kuratoren unserer Zeit das politische Statement geradezu als
    Bestimmungsmerkmal für bildende Kunst ansehen (ja in manchen
    Fällen vielleicht sogar schon als Alleinstehungsmerkmal), und sich
    dazu entschließen, Künstler aus anderen Kontinenten die
    Documenta gestalten zu lassen, damit >>wir hier<< etwas lernen,
    dann ist es nicht all zu weit vom Tatbestand der Realsatire
    entfernt, vielleicht müsste man es sogar schon grotesk nennen,
    wenn sich ein gewisses Milieu darüber aufregt, dass dem Publikum
    auch Dinge präsentiert werden, die für sein politisches
    Verdauungssystem nur schwer bekömmlich sind. Das man dies tut,
    sich über die vorgesetzte Kost aufregen, ist der vielleicht noch
    größere Selbstbetrug. Verständlich ist er allemal, wenn man den
    Willen von Aktivistengruppen bedenkt. Gemeint ist der Wille die
    ganze Welt zu missionieren. Einer der großen Widersprüche, der
    beispielsweise das programmatische Anliegen postkolonialer
    Aktivistengruppen in einem Licht erscheinen lässt, welches den
    Herrenmenschen im Schattenriss noch erkennen lässt.
  • heinrich
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